Es gibt so viele. Die allseits bekannten, aber auch welche, die nur derjenige kennt, der ganz im Sinne von Fontane „mit einer feineren Art von Natur- und Landschaftssinn ausgerüstet ist“. Ich kannte natürlich von der Schule her das Gedicht über den Birnenbaum des Ribbeck von Ribbeck im Havelland, weiter die eine oder andere Ballade, die „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ von Fontane kannte ich nur vom Titel her. Es mag sicherlich daran gelegen haben, dass für mich als ehemaligen Westberliner zwar Brandenburg geographisch sehr nah lag, politisch aber spätestens ab 1961 Lichtjahre entfernt war. Auf den Urlaubsfahrten gen „Westen“ nur schnell – soweit möglich- durch die DDR und Fontanes Wanderungen waren auch keine Urlaubslektüre.
Erst mit dem Fall der Mauer vor 30 Jahren öffnete sich auch für mich der Zugang zu Fontanes Wanderungen. Teilweise auferstanden aus Ruinen des 20. Jahrhunderts präsentieren sich jetzt viele märkische Orte, die Fontane bereits vor über 150 Jahren beschrieben hatte. Auch die Menschen, die diese Landschaft geprägt hatten, stiegen für mich aus dem Dunst der Geschich-te auf. Wie oft habe ich nach einem Tagesauflug ins Brandenburger Umland bei Fontane nachgelesen, um naturkundlich und geschichtlich Interessantes zu erfahren. Auch aktuelle Literatur, die es reichlich gibt, ist diesbezüglich zu empfehlen.
Ribbeck, Rheinsberg, Lindow, Gransee, Paretz, Chorin u.v.m. gehören inzwischen zu unseren Lieblingsorten. Nicht nur die märkischen Städte sind sehenswert, auch die vielen märkischen Seen haben wir – meine Frau und ich – in ihrer Unberührtheit und mit ihrer hervorragenden Wasserqualität schätzen gelernt. Die letzten Eiszeiten haben diese Naturschätze hinterlassen, die für uns so lange im Verborgenen lagen. Ein Segen, dass die friedliche Revolution von 1989 zur Wiedervereinigung Deutschlands führte und uns das Umland wieder ganz nah gebracht hat.
Fontane hat seine Wanderungen im Ruppiner Land begonnen und diese Landschaft bietet soviel. Interessierte können hier überall viel über Natur, Kultur und Geschichte erfahren.
Im Ruppiner Land zieht sich von Wustrau über Neuruppin eine Seenkette hin, zu der mehrere Seen mit wenig spektakulären Namen gehören, Ruppiner See, Molchowsee, Tietzensee, Zermützelsee, Tornowsee. Man sollte sie nicht mit dem Bodensee oder anderen bekannteren Seen vergleichen. Beim Erkunden dieser märkischen Seenkette vom Ufer her zu Fuß oder mit dem Fahrrad stimmt für Menschen unserer Region der ökologische Fußabdruck. Auch eine Paddeltour ist in dieser Hinsicht empfehlenswert.
Malerisch und idyllisch breitet sich diese Seenkette aus. Immer neue Blickwinkel können entzücken und abseits gelegene Buchten laden zum Baden ein. Das alles würde schon ausreichen, wenn es da nicht noch einen von der Natur versteckten See gäbe. Viele machen sich wahrscheinlich von Boltenmühle, am nördlichen Ende des Tornowsees gelegen, wieder auf den Heimweg und vergessen den Binenbach. Gut so, denn so ist man bei seiner weiteren Entdeckungstour allein und kann die Schlucht, die der Binenbach hinterlassen hat, ungestört durchwandern. Am Ende dieses Weges wird man dann mehr als entschädigt.
Denn wer seine Sinne für das Kleine bewahrt hat, dessen Herz wird den Liebreiz des Kalksees, aus dem der Binenbach abfließt, spüren. Der wird weiter auf den Spuren Fontanes um den Kalksee wandern und wird in Binenwalde bestimmt eine schöpferische Pause einlegen, um die Stille und Beschaulichkeit des verträumten Ortes zu genießen. Der wird auch den kurzen Anstieg zum Denkmal, das an die Förstertochter Sabine erinnert, nicht scheuen und der wird sich am Denkmal selbst oder später bei Fontane über deren Leben informieren. Der wird die Naturschönheiten, die der See und dessen waldreiche Umgebung bieten, beseelt in sich aufnehmen, um sich dann vielleicht schon während der Heimfahrt auf die nächste Wanderung im Sinne Fontanes zu freuen.