Schon verloren, bevor das Leben richtig anfängt

Kommentar zum Artikel : Schon verloren, bevor das Leben richtig anfängt“ vom 23.2.07 aus dem Tagesspiegel

Eltern– welcher Herkunft auch immer- , deren Kinder Gesetze und Umgangformen unserer Gesellschaft in der Schule oder in der Freizeit aufs Gröbste misssachten, sollten nicht weiter durch staatliche Leistungen, wie es u.a. das Kindergeld darstellt, von der Gesellschaft alimentiert werden. Leistung nur für Gegenleistung und das heißt: Anerkennung unserer Werteordnung ohne Wenn und Aber. Es kann doch nicht sein, dass die Braven mit ihren Steuern auch noch das Fehlverhalten und die Gewalt der Unwilligen finanzieren.

Abiturrede 15.06.2006 – Gabriele-von-Bülow-Oberschule – Michael Bannert

Lehrerrede anlässlich der Abiturfeiern in der Gabriele-von-Bülow-Oberschule am 15.06.2006 von Michael Bannert im Ernst-Reuter-Saal des Bezirksamts Reinickendorf

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Liebe Abiturientinnen, Liebe Abiturienten, Liebe GästeSie haben lange auf diesen Tag gewartet, ich habe lange auf diesen Moment gewartet. Ich hatte also dank Ihrer Bitte viel Zeit, mich auf diese Rede vorzubereiten Zunächst war ich auf der Suche nach einem roten Faden und anfangs kam mir die Idee eine Rede in meiner Funktion als Mathematiklehrer zu halten, z.B. so über notwendige und hinreichende Bedingungen des Lebens zu philosophieren, sich zu vertiefen in die Problematik von Hoch-, Tief und Wendepunkten des Lebens. Was mag in diesem Zusammenhang wohl ein Sattelpunkt sein? Hoffentlich haben Sie im Moment einen Sattelpunkt erreicht, der ein nur ganz kurzer Halt ist auf dem Weg zum weiteren Aufstieg. Bekanntermaßen gibt es ja auch Sattelpunkte, von denen man sich zunächst in die andere Richtung bewegen muss. Mathematik wäre ein passendes Thema, aber ich dachte mir, in solch einem schönen Land wie Deutschland, in einem Land der Ideen, da müsste es doch noch eine andere Idee, eine bessere gegeben. Sich Gedanken über berühmte Persönlichkeiten zu machen wie z.B. Dietrich Bonhoeffer, an die man sich in diesem Jahr zu Recht erinnert, wäre bestimmt eine gute Idee gewesen, die ich allerdings genauso verworfen habe. Es sollte letztendlich etwas sein, das ich wirklich selbst verstehe, denn nur wer sich selbst versteht, kann vielleicht von anderen verstanden werden. Kurzum: ich dachte mir, Schuster bleib bei deinen Leisten.

Und als ich das so dachte, da war´s, da war die Idee geboren, der rote Faden war gefunden. Schuster, Leisten, Schuhe, Füße, Beine, Beine, die sich bewegen, um einen Ball zu treffen. Was lag also näher, als sich in diesem Jahr 2006 als Aufhänger für diese Rede mit dem Fußball zu beschäftigen. Überall ist Fußball, warum auch nicht in diesem Saal, benannt nach Ernst-Reuter, der ja bekanntermaßen kein Fußballspieler war, der aber auf andere Art und Weise eine Menge in dieser Stadt bewegte, soviel, dass bei Ihrer Abifeier kein Parteisekretär einer Einheitspartei eine Rede hält und ich deshalb frei ohne vorgegebene Losungen sprechen kann.

Also dachte ich mir, ich könnte meine Rede beginnen- wenn ich sie nicht schon längst begonnen hätte, mit der aktuellen Feststellung . DAS SPIEL IST AUS. .

Das stimmt wiederum nicht so ganz. Das Spiel?! Bei der WM gibt es ja noch viele Spiele und stimmt diese Feststellung für Sie? Waren die 13 /14 Jahre Schule ein Spiel, etwa ein Kinderspiel für Sie? Das Abitur ein Spiel? Diese Frage können Sie besser selbst beantworten. Und war es dann das Spiel? Gibt es nicht im übertragenen Sinne viele Spiele, die wir im Leben bestreiten müssen, eins ist nun vorbei, das nächste beginnt für Sie nach einer mehr oder weniger langen Pause. Ich will den Versuch wagen, das, was sie hinter sich haben, und den vermutlich noch unbekannten zukünftigen Spielplan mit einem Fußballspiel und einer Weltmeisterschaft zu vergleichen. M.E. gibt es Parallelen. Was gibt es alles beim Fußball? Da ist das Stadion, das Spielfeld mit den Toren, die haben wiederum Netze, da sind Regeln, deshalb auch Schiedsrichter, da gibt es Zuschauer, da sind die Trainer und Trainerinnen und die vielen Spieler, Spielerinnen, also auch Sie, wir alle hier.

Einige von Ihnen haben es diesmal besonders spannend gemacht und sind in die Verlängerung gegangen, eine Verlängerung, die ein ganzes Jahr dauerte, oder eine Verlängerung durch mehrere mündliche Prüfungen. Aber jetzt ist dieses Spiel vorbei, es wird nicht noch einmal angepfiffen. Die Schiedsrichter haben ihre roten und gelben Karten eingepackt, die Punkte sind vergeben und die Pfeifen dürfen sich ausruhen, ich meine natürlich die Trillerpfeifen. Einige von denen waren ein bisschen schriller, einige vielleicht zu laut, die anderen zur richtigen Zeit möglicherweise nicht laut genug oder wurden gar nicht benutzt. Mit dem Ergebnis dieses Spiels werden sie leben müssen. Was sie aus dem Ergebnis machen, liegt nun in Ihrer Hand, oder in der Sprache der Fußballer in Ihren Füßen. Die bisherigen Trainer und Trainerinnen haben kaum noch Einfluss auf Ihre weiteren Spiele.

Das Stadion

Was war das Stadion bei Ihnen? Die Schule teilweise, bestimmt aber gehörte das Elternhaus als Rahmen dazu. Für die Weltmeisterschaft wurden die Stadien herausgeputzt , sowie Sie sich heute eine feierliches Äußeres gegeben haben. In Berlin wurde das Olympiastadion für die WM erneuert, mit neuem Glanz versehen, aber trotz aller äußeren Veränderungen ist es doch das alte geblieben, mit seiner Geschichte und den daran hängenden Erinnerungen, leider nicht nur guten. Egal, wo sie in Ihrem Leben hingehen mögen, sie werden andere Stadien betreten, Sie werden sich Ihre eigenen Stadien bauen, Sie werden aber auch immer ein Stück Ihrer höchstpersönlichen Geschichte mitnehmen. Dessen sollten Sie sich gewiss sein, es lässt sich leichter leben , wenn Sie sich von Zeit zu Zeit daran erinnern, denn nur wer weiß, wo er herkommt, kann auch den zukünftigen Lebensweg, die zukünftigen Spiele ein wenig unbeschwerter und hoffentlich auch erfolgreicher gestalten. Zwar meine Worte, der tiefere Sinn dieser Aussage stammt von Sigmund Freud , an den in diesem Jahr zu erinnern wohl nicht verfehlt sein kann.

Das Spielfeld und der Rasen

Ganz wichtig, kein Spiel ohne den richtigen Untergrund, beim Fußball natürlich ein grüner Rasen, ein gut gepflegter, am besten einer ohne Stolperstellen. Weder beim Fußball noch im wirklichen Leben geht es aber immer nur glatt zu. Sollten allerdings Spieler den Rasen zu sehr malträtieren, dann kann man zwar den Rasen auf dem Fußballplatz recht schnell wieder erneuern, im sonstigen Leben braucht es seine Zeit, um das wieder zu reparieren, was im Übereifer oder mit Unbedachtsamkeit oder mit Mutwillen zerstört worden ist.

In Deutschland pflegen wir alles, was grün ist, mit besonderer Aufmerksamkeit. Und das ist auch grundsätzlich gut so. Denn auf einem ausgedörrten Acker weiterzuspielen ist nicht für Fußballer eine besondere Herausforderung. Allerdings nur selbstverliebt als vielleicht öffentlich bediensteter Platzwart den Rasen bei uns zu streicheln und dabei die Welt um uns

herum zu vergessen wird für uns nicht das richtige Rezept sein, um im globalen Spiel weiter erfolgreich mitzumachen. In einer Welt der globalen Veränderungen kann man sich nicht auf alten Lorbeeren ausruhen. Die gerade von ihnen erworbenen Lorbeeren werden auch schnell verwelken
Tore

Tore sind dazu da, um Erfolge festzustellen. Sie haben ja gerade wichtige Tore geschossen, wobei Sie mit sehr unterschiedlichem Punktestand das bisherige Spielfeld verlassen. Diejenigen, die nicht so erfolgreich waren oder sogar erfolglos, sollten sich fragen, ob Sie nicht bei der Vorbereitung aufs Abitur auf das falsche Tor gezielt haben oder nicht bedachten, dass das Ablegen des Abiturs so etwas wie die Teilnahme an der Bundesliga des allgemein bildenden Schulsystems ist. Mit einem Training , das nur für die Kreisklasse ausgereicht hätte, kann man eben hochgesteckte Ziele nicht erreichen;das galt bisher und wird auch zukünftig gelten.

Netze

Netze sind nicht nur beim Fußballspiel unabdingbar, jedenfalls bei einer Weltmeisterschaft ist das so, sondern auch im Alltag werden sie gebraucht. Ein Fußball wird von einem Netz aufgefangen, damit einerseits der Erfolg festgestellt werden kann, aber andererseits damit mit dem Ball auch weitergespielt werden kann. Ähnliche Netze, anders geknüpft, brauchen wir auch, private, berufliche und gesellschaftliche Netze.

Für alle gilt Ähnliches. Wenn Netze nicht mehr taugen, dann sollte wie bei Netzen an einem Fußballtor die eine oder Masche neu geknüpft werden. Unter Umständen muss man die Netze völlig austauschen. Dass die sozialen Netze umgebaut werden müssen, das ist m.E. so sicher, wie eine Mannschaft nur mit einem Unentschieden nicht Weltmeister werden kann.

Erst wenn es diesem Staat gelingt, sich neu aufzustellen, d.h. u.a. seine sozialen Netze anders als bisher zu knüpfen, erst dann werden Voraussetzungen geschaffen sein, dass jeder sich mit seinen Fähigkeiten und Fertigkeiten in die Gesellschaft einbringen kann. Nur wenn überholte, unzeitgemäße soziale Netze reformiert werden, werden wieder mehr berufliche Netze entstehen und Sie werden nicht auf der Suche nach Ausbildungs- und Arbeitsplätzen vor verriegelten Toren stehen bleiben müssen.

Bei aller Diskussion um Veränderungen sind natürlich nur die authentisch, die selbst zu solchen Veränderungen bereit sind. Wenig hilfreich sind in diesem Zusammenhang die Beiträge derjenigen, die ihre finanziellen Netze jedes Jahr sich selbst üppig füllen bzw. füllen können. Ganz so nach den Worten Heinrich Heines, „ Sie predigten öffentlich Wasser und tranken heimlich Wein“.

Nun zu den privaten Netzen

Ich wünsche Ihnen viele solcher privaten Netze, in die sie sich zurückziehen können, wo sich anlehnen können, die Sie ggf. auffangen, die Ihnen aber auch helfen, sich wieder aufzurichten, damit sie weiterspielen können. Im Leben ist es nun so, dass man von Zeit zu Zeit von dem einen oder anderen Netz Abschied nehmen muss. Gut, wenn dann andere Netze da sind. Ganz schlecht wäre es, wenn man unbeachtet von anderen an der Eckfahne stehen geblieben ist. Wobei in der stillen Ecke sich für einen Moment auf sich selbst zu besinnen, einen möglichen Erfolg zu genießen, kann ja grundsätzlich nicht schaden , nur wenn man dort längere Zeit verharrt, dann geht das Spiel, das Leben auf die Dauer an einem vorbei.

Regeln
Für ein faires Spiel kommt es nicht unbedingt darauf an, auf welcher Seite der einzelne spielt, so ist es auch nicht wichtig , wo man in der Gesellschaft mitspielt, links, rechts, in der Mitte, vorne oder hinten, wichtig ist nur, dass sich alle an die Regeln und Grundwerte unserer Gesellschaft halten. Lassen Sie nicht zu, dass wir eines Tages wieder auf einem Spielfeld aufwachen, auf dem nicht mehr nach den Regeln der Fairness gespielt wird und auf dem dann nur wieder nach einer Pfeife getanzt werden muss. Lassen wir also diese Pfeifen, von welcher Seite sie auch kommen mögen, dort, wo sie hingehören.

Das mag alles hier im Ernst- Reuter-Saal leicht ausgesprochen sein. Bei Fußballspielen gelingt es sogar, in Unterzahl mit 10 Spielern noch ein Spiel zu gewinnen, die Auseinan-dersetzung mit menschenverachtenden und freiheitsfeindlichen Ideologien werden wir aber nur gewinnen, wenn wir wachsam und in der Mehrzahl bleiben. Dann kann es uns auch gelingen, Springerstiefeln und deren geistlosen Gesellen die rote Karte zu zeigen.

Für das Mitspielen in unserer Gesellschaft gehört aber auch die Forderung an diejenigen, die von außerhalb auf unser Spielfeld kommen, unsere Grundwerte, unsere Regeln ohne Wenn und Aber anzuerkennen, und das bedeutet, das Recht jedes einzelnen/ jeder einzelnen auf Selbstbestimmung vorbehaltlos anzuerkennen. Auf unser Spielfeld gehören keine No-go-Areas, keine Ehrenmorde und auch keine Verharmlosungen und Verleugnungen der beiden Diktaturen in der deutschen Geschichte. Es gibt also genügend Gründe, nicht abseits zu stehen, sondern hinzuschauen und ggf. Schiedsrichter zu sein.

Trainerinnen und Trainer

Viele sind mitverantwortlich für Ihren jetzigen Status, die ersten Trainer überhaupt, ihre Eltern, Erzieher, Verwandte, Freunde bis hin zu denen, die Sie in den letzten Jahren in der Bülow-Schule begleiten und betreuen durften. Beim Fußball wird ja nun immer sehr schnell dem Trainer die Schuld gegeben, wenn der Erfolg ausgeblieben ist, aus meiner Erfahrung ist das in der Schule nicht viel anders. Es mag ja sogar an der Kritik das eine oder andere stimmen. Der Einfluss von Trainern ist allerdings beschränkt, wenn man in sich selbst bereits den zukünftigen Weltklassespieler sehen. Zu jeder Genialität muss auch Disziplin und Ausdauer hinzukommen. Ohne Training keine Meisterschaft, wo auch immer. Trotz aller unterschiedlichen Voraussetzungen, die uns mit in die Wiege gelegt wurden, gilt im Leben wie im Fußball der schlichte Grundsatz: Ohne Fleiß keinen Preis. Sie werden noch mehr als bisher für sich selbst Verantwortung übernehmen müssen. Mit Mut zu den eigenen Fähigkeiten können Sie sich ihr Stadion selbst bauen, es muss ja nicht gleich weltmeister-schaftstauglich sein. Aber Fleiß werden Sie benötigen, so wie W. A. Mozart und Karl Friedrich Schinkel sich auch nicht allein auf ihren genialen Fähigkeiten ausruhen konnten.

Zum Thema Trainer will ich noch folgendes anmerken.

Spielerinnen und Spieler

Es gibt natürlich beim Fußball wie im Leben selbst die unterschiedlichsten Spielertypen, alle können zum Erfolg einer Mannschaft beitragen und das haben ja viele von Ihnen in ihrer Schulzeit und in der letzten Zeit vorbildlich bewiesen. Ich denke dabei an die Organisation der verschiedenen Aktivitäten rund ums Abitur, an die aktive Teilnahme an den unter-schiedlichsten schulischen Veranstaltungen. Ich sage das jetzt so allgemein, um nicht irgendjemand bei einer Aufzählung zu vergessen.

Was zeichnet nun erfolgreiche Fußballer aus? Kann man die Erklärung für den Erfolg von Fußballern überhaupt auf andere Lebenssituationen übertragen? Was ist eigentlich Erfolg? Wie wird er erzielt? Eine Antwort kann ich nur andeuten.

Eigene Vorstellungen engagiert umsetzen, also etwas auf die Beine stellen, Bälle ins Rollen bringen; sich bewegen und damit etwas und andere bewegen und bei allem wie beim Fußball die Balance halten, das gehört wohl zum Erfolg dazu. Im Leben geht es darum, die richtige Mischung zu finden, eine Mischung aus Neugierde und Vorsicht, aus Eigensinn und Anpassung, aus Individualismus und Gemeinschaftssinn , aus Flexibilität und Beharrungsvermögen, aus Spontaneität und Bedachtsamkeit, aus Einfordern von Rechten und Erfüllung von Pflichten, aus Humor und Ernst, aus Kreativität und Normalität, von allem ein bisschen zur richtigen Zeit und auf dem richtigen Spielfeld. Zum Glück unterscheiden wir uns bei der individuellen Mixtur. Nur Ballacks, nur Ronaldinhos, nur Weltklassefußballer, das ergäbe wohl noch keine gute Mannschaft. Wenig Erfolg haben allerdings die, die ständig über widrige äußere Bedingungen jammern und dabei das Spielen, das Leben vergessen und so aus dem Gleichgewicht geraten. In diesem Zusammenhang scheint die WM zur richtigen Zeit nach Deutschland gekommen zu sein. Ganz unaufgeregt und leichtgewichtig dominiert Schwarz-Rot-Gold das Straßenbild, was gut ist, denn schließlich stehen diese Farben für Einigkeit und Recht und Freiheit.

Wie im Fußballspiel so gehört auch im Leben ein wenig Glück dazu, und das ist leider nicht immer gleich verteilt. Manchmal erkennt man im Leben das Glück nicht oder bemerkt es zu spät, so wie ein Fußballspieler eine ganz sichere Chance nicht rechtzeitig erfasst.

Deshalb noch die folgenden Zeilen eines Mannes zum Thema Glück, der in dieser Stadt lebte und vermutlich nie ein Fußballspiel gesehen hat, obwohl er die Anfänge des Fußballspiels hätte mitbekommen können.

„ Uns gehört die Stunde,.

und eine Stunde, wenn sie glücklich ist, ist viel

Nicht das Maß der Zeit entscheidet,

wohl aber das Maß des Glücks.“

Ihnen gehören heute diese Stunden und es sind hoffentlich glückliche für Sie. Im Sinne dieser Zeilen wünsche ich Ihnen viele glückliche Stunden auf ihrem Lebensweg, auf Ihren Lebenswanderungen und ich wünsche Ihnen von Herzen, dass Sie dabei stets gesund und heil an Ihre Ziele gelangen, so wie auch vor über hundert Jahren Theodor Fontane, von dem diese Zeilen stammen, seine Ziele bei seinen Wanderungen erreichte.

Ich danke für die Aufmerksamkeit

16. Leserbrief zum Kommentar vom 06.02.03 „Reaktionäre von links“

16.Leserbrief an den Tagesspiegel vom 6.2.2003 ( nicht veröffentlicht)

Thema: Leserbrief zum Kommentar vom 06.02.03 „Reaktionäre von links“

Gut, dass mit diesem Artikel die selbst ernannten Gutmenschen und Weltverbessserer schonungslos entlarvt wurden. Sie predigen öffentlich soziale Gerechtigkeit, meinen aber klammheimlich nichts weiter als die Aufrechterhaltung von Privilegien. Auf Kosten der wirklich Schwachen in unserer Gesellschaft sorgen sie dafür, die Pfründe von vermeintlich Schwachen zu sichern. Was kann besser für diese These dienen als das vor kurzem erzielte Tarifergebnis für den Öffentlichen Dienst. Die linken Reaktionäre können jeden Monat an den Arbeitslosenstatistiken die Wirkung ihrer heuchlerischen Politik ablesen. Im Gegensatz zu Schröder gelingt es hoffentlich Wowereit und seinem Senat diesen rückwärtsgewandten Heuchlern energisch entgegenzutreten.

Gedanken zur Schulpolitik aus dem Jahre 2001

2001 Gedanken zur Schulpolitik aus dem Jahre 2001

Über welche Arbeitsbedingungen haben sich wohl Lehrerinnen und Lehrer vor hundert Jahren geärgert? Bestimmt gab es viele Anlässe zum Ärgern, zum Jammern. Die Klassen waren zu groß, Unterrichtmaterialien unzureichend, die Schülerinnen und Schüler zu faul, die Klassen zu groß, die Arbeitszeit zu lang und die Bezahlung natürlich nur dürftig.
Hat sich in den letzten hundert Jahren also etwas geändert? Man muss schon sehr betriebsblind sein, um diese Frage schlicht zu verneinen. Geht es uns eigentlich nicht viel besser als unseren Kolleginnen vor hundert Jahren, besonders finanziell?

Allerdings haben wir ein Problem; wir sind, ob wir es nun wollten oder nicht, Beamte. Und der Ruf des Beamten in der Gesellschaft ist nun mal nicht der beste. Weil die Gesellschaft so böse ist? Das wäre zu kurz gedacht. So wie es auch zu kurz gedacht ist, dass sich viele nur deshalb die Lehrerschaft madig machen. weil sie selbst mal in ihrem Leben unter derselben zu leiden hatten. Wie viele mögen wohl in der heutigen wirtschaftlich äußert kritischen Zeit mit Neid auf unseren Beamtenstatus schauen. Haben wir nicht Privilegien, auch wir als Lehrer trotz vieler Missstände in den Schulen? Wir sind unkündbar, wir bekommen bereits am Anfang des Monats unser Gehalt, im Krankheitsfall gibt es 100% Gehaltsfortzahlung und zwar über die sonstige 6-Wochenfrist hinaus, keine Zwangsabgaben zu den Sozialversicherungssystemen, unsere Bezüge steigen allein aufgrund der Tatsache, dass wir älter werden, sind wir pensioniert, dann ist der Staat so freundlich uns Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu geben, und dabei spielt es keine Rolle, wann man pensioniert wurde, ob vor oder mit dem gesetzlichen Pensionsdienstalter von 65 Jahren. Es ist auch völlig unerheblich, ob Beamte, Lehrer nun engagiert arbeiten, Dienst nur nach Vorschrift machen oder ihre beruflichen Unzulänglichkeiten durch Kolleginnen und Kollegen kompensieren lassen. Ich kann gut nachvollziehen, dass andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch gerne derart privilegiert arbeiten würden. Vielleicht kann ich, dass umso besser verstehen, weil ich nicht das Glück hatte, in einem bürgerlichen Beamtenhaushalt groß zu werden, und weil ich aufgrund meines Privatlebens auch noch die Welt außerhalb des Öffentlichen Dienstes kenne. Nur eine Randbemerkung: Diese Welt da draußen sorgt mit ihren Steuern für unsere Bezüge. Das, was wir mit unserem Gehalt konsumieren können, muss erst einmal vorher in Form von Steuern wirtschaftet worden sein.

Nun tragen wir durch unsere Dienstleistung natürlich auch zur Wirtschaftsleistung Deutschlands bei und steht natürlich ein angemessenes Gehalt zu. Warum sind aber Beamte, Lehrerinnen und Lehrer so wenig bereit, dass wir heute in Zeiten knapper Kassen, besser leerer Kassen, besonders hier in Berlin leben? Warum soll das nicht auch Auswirkungen auf unsere Gehälter haben? Warum sind so viele unter uns in ihrem Denken und Handeln noch immer im Wolkenkuckucksheim des ehemals hochsubventionierten West-Berlin? Eine ehemalige Berliner Finanzsenatorin , Frau Fugmann-Heesing, hat schon vor Jahren berechtigterweise den Begriff der Wirklichkeitsverweigerung geprägt. Und leider passt er immer noch.

Für die Zukunft dieser Stadt ist es unabdingbar, dass all diejenigen, die zu den Privilegierten dieser Gesellschaft gehören, und das sind eben auch Beamte, ihren Konsolidierungsbeitrag leisten. Viele außerhalb des Öffentliches Dienstes müssen tagtäglich diesen Beitrag leisten, um nicht ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Und selbst das bewahrt sie in Deutschland aufgrund der derzeitigen grandiosen Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik leider nicht mehr vor Arbeitslosigkeit.
Warum geht es also für uns ? Ganz einfach. Wir müssen uns drauf einstellen, bei weniger Gehalt mehr zu arbeiten. So einfach und tragisch zugleich ist das. All diejenigen, die noch ihren 68-Träumen nachhängen, sollten aufwachen und begreifen, dass das marxistischen Reich der Freiheit nur für gut bezahlte Pensionäre eingetreten ist. Die zu spät Geborenen hatten diesmal nicht so viel Glück. Alles hat eben seinen Preis. Wenn eine Gesellschaft zu spät auf Veränderungen reagiert und Jahre lang über ihre Verhältnisse lebt, dann müssen eben die nachfolgenden Generationen die Zeche bezahlen. Sollte jetzt auf Druck der Gewerkschaften weiter nur herumgewurstelt werden, so werden die Folgen noch viel gravierender und kostspieliger sein .

Was kann konkret getan werden: Nullrunde bei den Tarifverhandlungen (der Finanzsenator hat recht), Arbeitszeiterhöhung (wer das nicht will, kann ja seine Pflichtstundenzahl reduzieren), Einschränkungen beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld, totale Streichung dieser Leistungen für Pensionäre, denn wie viel Geld hätte eingespart werden können, wenn dies schon vor Jahren passiert wäre (übrigens eine Forderung der Grünen)..Natürlich sollten Veränderungen auch dazu genutzt werden, bestehende Ungerechtigkeiten bei der Arbeitszeit zu beseitigen, z.B. sollten Lehrerinnen und Lehrer mit korrekturintensiven Fächern entlastet werden. Mal sehen, ob die Politik dazu den Mut hat.

Vielleicht wird dieser Senat, dieser Regierende Bürgermeister einmal in die Geschichtsbücher Berlins eingehen, weil er nämlich diese Stadt aus der größten Finanzmisere seit dem Ende des Krieges befreit hat. Das wünsche ich ihm, obwohl ich diese Regierung nicht für die beste Lösung gehalten habe, von ganzem Herzen. Um das zu erreichen muss er allerdings weiterhin den Gewerkschaften und allen anderen Organisationen, die nur die Besitzstände von privilegierten Arbeitnehmern bewahren wollen, die rote Karte zeigen, eine passende Farbe für eine rot-rote Koalition. Aber vielleicht handelt es sich im Hegelschen Sinne nur um die List der Vernunft, die sich dieser Koalition bedient, um Berlin wieder voranzubringen. Denn die jungen Generationen, die wir unterrichten, werden nur die Chance auf einen Arbeitsplatz haben, wenn dieser Konsolidierungskurs konsequent fortgesetzt wird.

6. Lehrerfortbildungen in den Ferien

6. Leserbrief an den Tagesspiegel vom 11.8.2000 (nicht veröffentlicht)

Thema: Lehrerfortbildungen in den Ferien

Leserbrief zur Diskussion über
Sobald es um die Lehrerarbeitszeit geht, schlägt offensichtlich die Stunde der Vereinfacher. Zunächst bedient sich der Arbeitgeberpräsident Hundt des Vorurteils, dass LehrerInnen drei Monate Urlaub hätten, also viel mehr als andere ArbeitnehmerInnen. Wer will sich auch schon vorstellen, dass Ferien für viele Lehrerinnen nicht gleich Urlaub sind. Lehrer arbeiteten doch sowieso nur vormittags und nachmittags hätten sie frei. Wirklich alle? Gleichgültig, welche Fächer und an welcher Schule sie unterrichten?
Welche Vereinfachung halten die Gewerkschaften diesem Vorurteil entgegen? LehrerInnen arbeiteten schon so 45 bis 50 Stunden in der Woche und hätten deshalb allemal Anspruch auf drei Monate Ferien, in denen sie auch noch auf vielfältige Weise ihren beruflichen Verpflichtungen nachgingen. Wirklich alle?
Wie sieht nun aber die Wirklichkeit aus?. Es gibt die LehrerInnen, die ohne staatliche Anordnung sich den Anforderungen der Zeit stellen und sich u.a. laufend fortbilden. Diese Gruppe hat sicherlich auch schon hinreichende Kenntnisse über die modernen Kommunikationstechnologien erworben, selbst wenn einige SchülerInnen ihnen dabei überlegen sein sollten, was aber nicht unbedingt nachteilig sein muss. Wie schön wäre es für diese KollegenInnen, wenn Unterrichtsräume nicht mehr den Charme der 50er Jahre des verblichenen Jahrhunderts ausströmten und ein zeitgemäßes Equipment hätten.
Es gibt aber genauso auch diejenigen LehrerInnen, die drei Monate Jahresurlaub als Selbstverständlichkeit genießen, ohne vorher die von den Gewerkschaften genannte wöchentliche Arbeitszeit annähernd zu erreichen. Für diese Gruppe dürften Fortbildung und zusätzliches Engagement Fremdwörter sein.
Die Gesellschaft hat insgesamt das Recht, von ihren im internationalen Vergleich nicht schlecht bezahlten LehrerInnen einen Nachweis über Fortbildungen zu verlangen. Ob diese dann in den Ferien, am Wochenende oder nachmittags stattfinden, sollte zweitrangig sein. Die Engagierten unter den KollegenInnen können diesem gesellschaftlichen Anspruch bestimmt schon jetzt genügen und sollten deshalb den Hundtschen Vorschlag gelassen aufnehmen. Die andere Gruppe sollte sich vielleicht an ihren Amtseid erinnern und sich nicht mehr hinter der ersten Gruppe verstecken.
Alle Diskussionen über Lehrerarbeitszeiten und –fortbildungen hätten vermutlich dann erst ein Ende, wenn der Lehrerschaft über die Ferien der Beamtenstatus abhanden kommen würde und die Gesellschaft der zweiten – vermutlich auch kleineren Gruppe – auf die Füße treten könnte, also denjenigen, die weder in der Unterrichtszeit noch in der unterrichtsfreien Zeit ihren Verpflichtungen nachkommen.