Beitrag für das Abibuch 2005 – Gedanken zum Leistungskurs PW

2005
Beitrag für das Abibuch 2005
Gedanken zum Leistungskurs PW

Nicht mein erster Leistungskurs, aber wie jeder andere war auch er ein besonderer.
Nicht besonders war der Umstand, dass wir vor ungefähr 2 Jahren mit 18 Schülerinnen und Schülern starteten und jetzt am Anfang des 4. Semesters nur noch 13 übrig geblieben sind, eigentlich sind es 12, da ja später noch eine Schülerin dazukam. Wo sind die anderen geblieben? Ist das wirklich normal? 6 von 18, also 1/3, eine hohe Ausfallquote, mehr als in früheren Leistungskursen. Wer schwächelte hier, die Schülerinnen und Schüler oder ich vielleicht? Auf diese Frage gibt es viele Antworten. Natürlich auch Antworten, die auf individuellen Unzulänglichkeiten basieren. Sicherlich auch äußere Ursachen, ein Leistungskurs – jedenfalls einer in PW – ist mit 18 Teilnehmern zu stark besetzt. Weniger wäre hier sicherlich mehr.

Was aber nicht immer gilt. Und damit bin ich schon beim Positiven und beim Besonderen. Schüler können sicherlich nachempfinden, dass auch wir als Lehrer nicht in jeden Kurs, nicht in jede Klasse mit der gleichen Begeisterung gehen. Diesen Leistungskurs habe ich aber von der ersten Stunde an gerne unterrichtet und hätte mir statt der 5 Wochenstunden auch noch mehr Stunden vorstellen können, wenigstens 6 Stunden, so wie es vor vielen Jahren für einen Leistungskurs üblich war und immer noch vernünftig wäre.

Gerne hätte ich diesem Kurs noch mehr von den politischen und historischen Prozessen vermittelt. Wie viele Texte , wie viele Zeitungsartikel, wie viele Filmdokumente konnte ich aus Zeitgründen nicht einsetzen? Wie oft standen teils hitzige und interessante Diskussionen unter dem Zeitdiktat und wurden durch das Klingelzeichen abgebrochen. In der Tat, dieser Kurs war ein sehr lebendiger, ein sehr interessierter, auch wenn es bei dieser Feststellung kleinere individuelle Unterschiede gibt.

Noch etwas ist zu kurz gekommen. Trotz des Wunsches des Kurses gab es keine Kursfahrt. Dafür als Ersatz wenigstens einen historischer Sparziergang durch Berlin (auf den Spuren der Novemberrevolution), einen Besuch der Ausstellung „Fragen an die deutsche Geschichte“, eine Exkursion nach Potsdam (u.a. „Potsdamer Konferenz im Schloss Cecilienhof“) und einen Tagesausflug nach Dresden. Ich würde mich freuen, wenn der Kurs in Erinnerung behält, das alles in der Geschichte miteinander zusammenhängt. Es gibt in der deutschen Geschichte den unheilvollen Weg von der Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts durch Rechtsradikale zum 30.Januar 1933 und in der Folge über die von Deutschen gelegte Blutspur durch Europa zur Zerstörung Dresdens und danach zum 8. Mai 1945 mit der folgenden Potsdamer Konferenz. Bei solchen Exkursionen können aber nicht nur Irrtümer und Fehler der Vergangenheit nachempfunden werden, sondern auch frühere und jetzige Leistungen und Erfolge in der deutschen Geschichte. Damit meine ich nicht nur den Wiederaufbau der Dresdener Frauenkirche , sondern auch die vielen positiven Veränderungen in Berlin seit dem 9.11.1989, die immerhin dazu führten, dass man in einem Kurs nicht mehr nur auf Schülerinnen und Schülern mit Westberliner Biographie trifft. Für meinen Kurs war das sehr belebend.

Für die Schülerinnen und Schüler meines Kurses wünsche ich mir, dass sie genügend Anregungen aus dem Unterricht mitbekommen haben mögen und bereit sind, auch nach der Schule sich mit dem einen oder anderen Buch zu politischen und historischen Themen zu beschäftigen. Aber auf alle Fälle hoffe ich, dass alle bei politischen Diskussionen nicht passiv bleiben, sondern sich selbst mit einbringen und das möglichst sachlich, so wie es ja im Kurs auch meist der Fall war. Ich weiß, dass das manchmal nicht leicht ist.
Und dann habe ich zum Schluss noch einen Wunsch. Wie schön wäre es, wenn wir bei einem Wiedersehen – vielleicht während eines Ehemaligentreffens – gemeinsam feststellen könnten, dass viele der Probleme, über die wir im Unterricht gesprochen hatten, inzwischen gelöst wurden und dass alle Schülerinnen und Schüler eine sinnvolle berufliche Perspektive gefunden haben.

Gedanken zur Schulpolitik aus dem Jahre 2001

2001 Gedanken zur Schulpolitik aus dem Jahre 2001

Über welche Arbeitsbedingungen haben sich wohl Lehrerinnen und Lehrer vor hundert Jahren geärgert? Bestimmt gab es viele Anlässe zum Ärgern, zum Jammern. Die Klassen waren zu groß, Unterrichtmaterialien unzureichend, die Schülerinnen und Schüler zu faul, die Klassen zu groß, die Arbeitszeit zu lang und die Bezahlung natürlich nur dürftig.
Hat sich in den letzten hundert Jahren also etwas geändert? Man muss schon sehr betriebsblind sein, um diese Frage schlicht zu verneinen. Geht es uns eigentlich nicht viel besser als unseren Kolleginnen vor hundert Jahren, besonders finanziell?

Allerdings haben wir ein Problem; wir sind, ob wir es nun wollten oder nicht, Beamte. Und der Ruf des Beamten in der Gesellschaft ist nun mal nicht der beste. Weil die Gesellschaft so böse ist? Das wäre zu kurz gedacht. So wie es auch zu kurz gedacht ist, dass sich viele nur deshalb die Lehrerschaft madig machen. weil sie selbst mal in ihrem Leben unter derselben zu leiden hatten. Wie viele mögen wohl in der heutigen wirtschaftlich äußert kritischen Zeit mit Neid auf unseren Beamtenstatus schauen. Haben wir nicht Privilegien, auch wir als Lehrer trotz vieler Missstände in den Schulen? Wir sind unkündbar, wir bekommen bereits am Anfang des Monats unser Gehalt, im Krankheitsfall gibt es 100% Gehaltsfortzahlung und zwar über die sonstige 6-Wochenfrist hinaus, keine Zwangsabgaben zu den Sozialversicherungssystemen, unsere Bezüge steigen allein aufgrund der Tatsache, dass wir älter werden, sind wir pensioniert, dann ist der Staat so freundlich uns Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu geben, und dabei spielt es keine Rolle, wann man pensioniert wurde, ob vor oder mit dem gesetzlichen Pensionsdienstalter von 65 Jahren. Es ist auch völlig unerheblich, ob Beamte, Lehrer nun engagiert arbeiten, Dienst nur nach Vorschrift machen oder ihre beruflichen Unzulänglichkeiten durch Kolleginnen und Kollegen kompensieren lassen. Ich kann gut nachvollziehen, dass andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch gerne derart privilegiert arbeiten würden. Vielleicht kann ich, dass umso besser verstehen, weil ich nicht das Glück hatte, in einem bürgerlichen Beamtenhaushalt groß zu werden, und weil ich aufgrund meines Privatlebens auch noch die Welt außerhalb des Öffentlichen Dienstes kenne. Nur eine Randbemerkung: Diese Welt da draußen sorgt mit ihren Steuern für unsere Bezüge. Das, was wir mit unserem Gehalt konsumieren können, muss erst einmal vorher in Form von Steuern wirtschaftet worden sein.

Nun tragen wir durch unsere Dienstleistung natürlich auch zur Wirtschaftsleistung Deutschlands bei und steht natürlich ein angemessenes Gehalt zu. Warum sind aber Beamte, Lehrerinnen und Lehrer so wenig bereit, dass wir heute in Zeiten knapper Kassen, besser leerer Kassen, besonders hier in Berlin leben? Warum soll das nicht auch Auswirkungen auf unsere Gehälter haben? Warum sind so viele unter uns in ihrem Denken und Handeln noch immer im Wolkenkuckucksheim des ehemals hochsubventionierten West-Berlin? Eine ehemalige Berliner Finanzsenatorin , Frau Fugmann-Heesing, hat schon vor Jahren berechtigterweise den Begriff der Wirklichkeitsverweigerung geprägt. Und leider passt er immer noch.

Für die Zukunft dieser Stadt ist es unabdingbar, dass all diejenigen, die zu den Privilegierten dieser Gesellschaft gehören, und das sind eben auch Beamte, ihren Konsolidierungsbeitrag leisten. Viele außerhalb des Öffentliches Dienstes müssen tagtäglich diesen Beitrag leisten, um nicht ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Und selbst das bewahrt sie in Deutschland aufgrund der derzeitigen grandiosen Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik leider nicht mehr vor Arbeitslosigkeit.
Warum geht es also für uns ? Ganz einfach. Wir müssen uns drauf einstellen, bei weniger Gehalt mehr zu arbeiten. So einfach und tragisch zugleich ist das. All diejenigen, die noch ihren 68-Träumen nachhängen, sollten aufwachen und begreifen, dass das marxistischen Reich der Freiheit nur für gut bezahlte Pensionäre eingetreten ist. Die zu spät Geborenen hatten diesmal nicht so viel Glück. Alles hat eben seinen Preis. Wenn eine Gesellschaft zu spät auf Veränderungen reagiert und Jahre lang über ihre Verhältnisse lebt, dann müssen eben die nachfolgenden Generationen die Zeche bezahlen. Sollte jetzt auf Druck der Gewerkschaften weiter nur herumgewurstelt werden, so werden die Folgen noch viel gravierender und kostspieliger sein .

Was kann konkret getan werden: Nullrunde bei den Tarifverhandlungen (der Finanzsenator hat recht), Arbeitszeiterhöhung (wer das nicht will, kann ja seine Pflichtstundenzahl reduzieren), Einschränkungen beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld, totale Streichung dieser Leistungen für Pensionäre, denn wie viel Geld hätte eingespart werden können, wenn dies schon vor Jahren passiert wäre (übrigens eine Forderung der Grünen)..Natürlich sollten Veränderungen auch dazu genutzt werden, bestehende Ungerechtigkeiten bei der Arbeitszeit zu beseitigen, z.B. sollten Lehrerinnen und Lehrer mit korrekturintensiven Fächern entlastet werden. Mal sehen, ob die Politik dazu den Mut hat.

Vielleicht wird dieser Senat, dieser Regierende Bürgermeister einmal in die Geschichtsbücher Berlins eingehen, weil er nämlich diese Stadt aus der größten Finanzmisere seit dem Ende des Krieges befreit hat. Das wünsche ich ihm, obwohl ich diese Regierung nicht für die beste Lösung gehalten habe, von ganzem Herzen. Um das zu erreichen muss er allerdings weiterhin den Gewerkschaften und allen anderen Organisationen, die nur die Besitzstände von privilegierten Arbeitnehmern bewahren wollen, die rote Karte zeigen, eine passende Farbe für eine rot-rote Koalition. Aber vielleicht handelt es sich im Hegelschen Sinne nur um die List der Vernunft, die sich dieser Koalition bedient, um Berlin wieder voranzubringen. Denn die jungen Generationen, die wir unterrichten, werden nur die Chance auf einen Arbeitsplatz haben, wenn dieser Konsolidierungskurs konsequent fortgesetzt wird.